Nerja

Nerja [Nercha] ist ein, vielleicht unerwarteter, Geheimtipp meinerseits. Hier hat viele Jahre meine beste andalusische Freundin Leti gewohnt, so dass ich hier zeitweise jeden Sommer zu Besuch war. Ein unerwarteter Geheimtipp, weil hier zum Einen das Umland nicht besonders schön ist, mit ausgedehnten Erdbeerplantagen, die meist mit Plastikplanen abgehängt sind oder endlosen Gewächshäusern, zum Anderen weil Nerja ein Altersdomizil vieler Engländer ist. Letzteres sorgt dafür, dass Nerja ein bisschen verschlafen und überaltert wirkt. Besonders im Winter gibt es hier viele alte Engländer, die hier Zweitwohnsitze haben und die meiner Erfahrung nach überwiegend entspannte und angenehme Gäste sind. Nerja ist defnitiv keine klassische Schönheit, aber wegen der angenehmen Größe kann man hier eine angenehm chillige Zeit verbringen, mit allem, was in Andalusien dazugehört. Nerja liegt direkt an der Küste, auf hohen Klippen, also sehr hoch. Kleine Strände im Zentrum sind ganz gemütlich, aber nur über kleine Pfade mit vielen Treppen erreichbar.

Ankommen

Nerja ist sehr klein, alles ist fußläufig erreichbar und die Anbindung mit Öffentlichem Nahverkehr ist sehr gut. Wenn ihr von Malaga kommt, passt auf, es gibt normale und schnelle Busverbindungen für nahezu den gleichen Preis aber fast einer Stunde Differenz. Wenn ihr mit dem Auto kommt, parkt ihr am besten etwas außerhalb beim Busbahnhof, auf dem Parkplatz hinter dem Supermarkt Mercadona. Wenn ihr mit dem Bus abfahrt, empfielt es sich, in einem der drei kleinen Cafés direkt beim Busbahnhof zu frühstücken: La Fama, La Fuente oder La Parada. Alle drei bieten authentisches Andalusisches Frühstück für ganz niedrige Preise.

In Nerja gibt einige große Hotels, die sich zum Glück aber alle außerhalb des Ortszentrums und in Strandnähe befinden. In der gleichen Preisklasse gibt es viele familiengeführte, kleine, zum Teil sehr malerische und gemütlich eingerichtete Hotels, die ich eindeutig eher empfehlen kann. Frühstück würde ich nie mitbuchen, siehe dazu meinen Beitrag Frühstücken in Andalusien. Wenn ihr euch für ein kleines Hotel entscheidet, schaut auf die Bewertungen und bucht mindestens einen Monat, besser noch viel früher im Voraus, denn die Perlen, wie das Hostal Tres Soles sind immer sehr schnell ausgebucht. Achtet auch darauf, dass es einige laute Straßen gibt. Super ruhig und sehr malerisch sind die Hotels in den kleinen Gässchen links vom Balkon de Europa, also rund um das erwähnte Hostal Tres Soles.

Balcón de Europa und die Klippen

Der Balcón de Europa ist wohl die Hauptsehenswürdigkeit. Da handelt es sich um einen großes Podest mit Marmorboden, der mit einer spektakulären Sicht über die Buchten und Klippen von Nerja endet. Direkt im Felsen unterhalb des Endes befindet sich ein Café, mit ebenso schöner Sicht. Eine tolle Option für schlechtes Wetter. Die ganze Gegend um den Balcon de Europa ist ziemlich touristisch, im Sommer mit vielen englischen und deutschen Familien. Es gibt jede Menge Eisdielen mit charmanten Verkäuferinnen und köstlichem Eis.

Für eine unvergessliche Erinnerung in Nerja sorgt das Frühstück in einem der Cafés überhalb der Klippen. Mein absoluter Favorit ist das Café Anahi.

Und noch ein Geheimtipp: auf den Dächern von Nerja gibt es jede Menge Dachterrassen von Restaurants und Cocktail-Bars. Die sind etwas touristisch aber man erlebt tolle Sonnenuntergänge und im Sommer eine frische Brise.

20140705 212929 1

Paella und Tapas in Nerja

Zum Mittagessen kann ich vor allem Paella oder gebratenen Fisch am Strand empfehlen, allerdings nicht im Zentrum sondern an der großen Bucht südlich. Hier gibt es zwar auch viele Ferienappartemements und Hotels, aber das Publikum bei der mittäglichen Paella sind hauptsächlich spanische Familien. Mehr zur Paella schreibe ich in einem weiteren Beitrag.

Abends geht ihr am besten in eine Fisch-Tapas-Bar in der Altstadt. Schaut, wo die einheimischen hingehen, aber ganz klar die beste ist das Restaurant „El Pulguilla“ [El Pullgija]. Im forderen Bereich gibt es Stehtische und hier könnt ihr abends ganz authentisch Tapas essen. Das heißt, ihr bestellt Cañas und sucht euch dann einen fischigen Snack aus. Zu mir waren die Kellner immer sehr nett und geduldig beim erklären, aber ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie das bei englisch fragenden Touristen wäre. Also am besten, ihr schaut euch das gut an und kommt nicht zur Hauptzeit, wenn es brechend voll ist und wenn die Kellner ungeduldig und gestresst sind. Oder ihr geht in den hinteren Bereich, da ist die Uhrzeit eigentlich egal, außer dass man in der Hauptzeit lange auf’s Essen wartet. Dort findet ihr vor allem spanische Großfamilien und ihr bestellt à la Carte. Natürlich solltet ihr was fischiges aus dem Meer essen – aber dann könnt ihr absolut nichts falsch machen: von Calamares und fritierten Sardinen über Paella bis zur Pasta mit Meeresfrüchten ist alles mega lecker – und trotzdem sehr preiswert. Allein der Besuch hier ist für mich immer eine Übernachtung in Nerja wert.

Wenn ihr länger in Nerja seid, gibt es auch weniger typische Alternativen: es gibt noch andere andalusische Restaurants, aber auch Pizzerien, die hauptsächlich von englischen und deutschen Familien besucht werden, aber sehr lecker sind, vor allem, wenn ihr auf Pizza mit Meeresfrüchten setzt.

Kathedrale der Steinzeit

Im Zentrum am Rathaus gibt es auch ein Museum zur Geschichte Nerjas, das schon seit der Steinzeit besiedelt ist. Dieses würde ich eher bei schlechtem Wetter empfehlen oder als Einstimmung für die Tropfsteinhöhlen – dazu später mehr. Der Eintritt ist sehr wenig und mehr als eine Stunde braucht ihr keinesfalls einplanen.

Sowohl per Bus als auch mit Auto in maximal 30 Minuten zu erreichen sind die „Cueva de Nerja“ [Ku-eva de Nercha], die Tropfsteinhöhlen. Zurecht werden diese auch als „Kathedralen der Steinzeit“ bezeichnet. Hier haben früher Urmenschen gelebt, heute sind sie touristengerecht beleuchtet. Der Besuch ist unbedingt zu empfehlen, am Besten mit einer Tour, die ihr im Voraus auf der Website bucht. Achtet möglichst darauf, dass ihr die Tour in einer Sprache bucht, die ihr halbwegs versteht – es lohnt sich. Die Höhlen sind riesig groß, auch wenn nicht alle betreten werden können. Es lohnt sich, die im Voraus gebuchte Tour auf die Busverbindung abzustimmen. Denn außer den Höhlen gibt es hier nichts.

Die Höhlen von Nerja

Und sonst?

Es gibt auch ein paar Musik-Bars in der Altstadt. Zu Empfehlen ist „El Burro Blanco“, aber da solltet ihr euch unbedingt vorher das Programm anschauen. Absolut sehenswert ist die spanische Gitarrenmusik oder Flamenco. Ich denke, da braucht ihr nicht groß zu Recherchieren und könnt nichts falsch machen. Auch wenn von den Einheimischen genauso besucht, sind die Abende mit Blues und Jazz, oft mit alten englischen Musikern, überhaupt nicht mein Ding.

Falls ihr wirklich lange in Nerja seid – oder am Ende des Andalusientripps nicht mehr den Heißhunger auf fritierte Meeresfrüchte und Paella habt, könnt ihr in die bei den Einwohnern sehr populäre Sushibar „Sekai“ gehen. Die Preise sind sehr gehoben, die Qualität der Sushis aber auch entsprechend gut.

Zuletzt ein Anektdötchen zu den alten Engländern hier: in einem Urlaub wurde mein guter Freund Ronald von einem über 70-jährigen Engländer fies angerempelt, weil dieser partout auf der linken Seite des schmalen Weges laufen wollte. Als Ronald höflich darauf hinwies, dass in Europa die rechte Seite die korrekte Seite wäre, meinte der Engländer wütend: „You are the disgrace of Western Civilization“ (Sie sind der Abschaum der westlichen Zivilisation).

Als ich die ersten Jahre in Nerja war, gab es zahlreiche verschiedene Fisch-Tapas-Bars, auch unten am Strand. Leider haben in den letzten Jahre einige meiner Favoriten für immer geschlossen. Vielleicht hat Nerja seinen Zenit überschritten, aber vielleicht kommt daher auch ein Teil des Charmes. Ich denke, Nerja ist super für einen kleinen Aufenthalt von 3 bis 5 Nächten geeignet, beispielsweise bei einer Rundreise auf dem Weg zwischen Malaga und Granada über die Sierra Nevada. Besonders, wenn ihr mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs seid, bietet sich das an.

20140703 142519